Schweizer-Verpackung - News-Corner
    







Schweizer-Verpackung - News-Corner
 
04.10.2024
 
  
SVI-Jahrestagung 2024: Anforderungen an die Verpackung der Zukunft
    
Wertvolle Informationen zur PPWR und zu KI in der Verpackungsindustrie

An der sechsten Jahrestagung des Schweizerischen Verpackungsinstituts SVI am 17. September 2024 in Olten gaben die Referenten zahlreiche Antworten auf viele dringende Fragen der Verpackungsbranche. Im Zentrum standen die Auswirkungen für die Schweiz durch den regulatorischen Tsunami der neuen europäischen Verpackungsverordnung PPWR für die verschiedenen Packmittel sowie Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz in der Verpackungswirtschaft. Wer die Tagung nicht besuchte, hat viel wertvolle Information verpasst.

Eine erste Einordnung der Auswirkungen der europäischen PPWR auf die Schweizer Verpackungsindustrie gab Dr. Jan Hendrik Kempkes, Head of Legal and Regulatory Affairs der deutschen Interzero Recycling Alliance. Über den noch vor der Neuwahl des EU-Parlaments im Juni 2024 verabschiedeten Entwurf soll das Parlament voraussichtlich am 13./14. November 2024 endgültig abstimmen und die Inkraftsetzung ist im Januar/Februar 2025 vorgesehen. Kempkes sieht die PPWR als eine chaotische Regelung aufgrund zahlloser Rechtsakte und Definitionen. Man muss sich sehr tief einarbeiten, zudem auch hohe Bussgelder bei Verstössen drohen. Wichtig für Schweizer Unternehmen ist die Unterscheidung und Selbsteinstufung zwischen Erzeuger- und Herstellerpflichten.

Als erstes von drei Referaten zu Primärverpackungen sprach Dr. Martin Engelmann, Generaldirektor der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen über «Neue Regeln zum Rezyklateinsatz in Lebensmittelverpackungen». Die Frage sei, ob es bis 2030 genügend Kapazitäten gebe, um die Mindestquote in Höhe von 35 Prozent zum Rezyklateinsatz in Lebensmittelverpackungen für jeden Kunststoffanteil zu erreichen? Es gibt zwar Investitionen in Sammlung und Rezyklierung, aber zu wenig und der Aufbau dieser Supply chain dauert zu lange. Die Quote für Polyolefine (PP und PE) sei nur zu erreichen, wenn das Recycling in Europa bis 2030 verfünffacht wird, was kaum möglich ist. «Vom unerwünschten Plastik zum Rohstoff» berichtete Markus Tonner, Geschäftsführer der InnoRecycling. Aus der Praxis eines Kunststoff-Entsorgungsdienstleisters hat Tonner ein «Flaues Gefühl» beim Blick in die Zukunft angesichts der Anforderungen. Gemäss einer Erhebung von 2022 zur Zusammensetzung des Inhalts eines Kehrichtsacks gibt es zwar in der Schweiz ein Potenzial von rund 180.000 Tonnen Kunststoff pro Jahr, doch Kunststoff ist in der Schweizer Entsorgungswirtschaft heute in erster Linie ein beliebter Brennstoff. Es bleibt noch viel zu tun, damit aus Brennstoff endlich kreislauffähiger Rohstoff wird.

Erich Jaquemar, Key Account Manager bei Vetropack Austria, referierte über Einweg- versus Mehrweg-Glas. Generell lässt sich mit Mehrwegglas bei sinnvollen Systemen bis zu 70 Prozent CO2 einsparen. Zur Förderung der Abfallvermeidung zwingt der Staat Österreich den Handel zu verbindlichen Angeboten von Mehrweggebinden für Getränke. Vetropack hat dazu, auch aus politischen Anforderungen, eine thermisch gehärtete Kleinflasche auf den Markt gebracht. Über den Beitrag der Faltschachtel zum Übergang zur Kreislaufwirtschaft referierte Winfried Mühling, General Manager von Pro Carton. Die Haupthindernisse für den Einsatz von 100 Prozent wiederverwendbaren, recycelbaren oder kompostierbaren Verpackungen seien die Komplexität flexibler Verpackungen, fehlende Anreize zur Sammlung und eine fehlende Infrastruktur. Im Kartonbereich werde die Kreislaufwirtschaft seit Jahrzehnten praktiziert mit einer Recyclingrate von 85 Prozent in der Schweiz. Die Schweiz sei ein Musterbeispiel für die Separatsammlung der Fraktionen Papier und Karton und die Konsumenten vertrauen der Sammlung.

Möglichkeiten und Praxisbeispiele der generativen KI im Industrieumfeld stellten Dr. Alan Ettlin, COO, und Daniel Höfliger, Head of Industry/Energy der BBV Software Services vor. Sie berichteten aus der Praxis und über die technische Basis der Funktionsweise von KI im industriellen Umfeld. Dabei werden Sprachmodelle durch überwachtes Lernen «trainiert», um immer wieder das nächste Wort vorherzusagen respektive um für alle bekannten Wörter eine Wahrscheinlichkeit anzugeben. Gemäss dem Swiss AI Impact Report 2024 benutzen rund 72 Prozent der Schweizer Unternehmen generative KI. Nur 30 Prozent haben dabei KI-Richtlinien festgelegt, was die Referenten als ein Risiko für die Unternehmensdaten ansehen. Generell eignet sich die Technologie aber für ein Wissensmanagement mit KI-Agenten. Antonios Smyrnaios von der deutschen eology berichtete über KI-basierte Texterstellung im E-Commerce und stellte die Frage, ob daraus Vorteile für die B2B-Verpackungsbranche zu ziehen wären. 64 Prozent der Unternehmen glauben, dass sie dank KI ihre Produktivität steigern können, 59 Prozent der Unternehmen denken, dass sie damit Kosten sparen und 42 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, durch KI Prozesse optimieren zu können. Sein Fazit lautete: «Ein KI-Tool ist am Ende des Tages eben ein Werkzeug. Die Qualität der Arbeit hängt davon ab, wie man es einsetzt. In den Händen einer Person, die weiss, was die KI kann und was (noch) nicht, zeigt sie auch ihr grösstes Potenzial. Somit ist KI eine Stütze und schafft ein solides Fundament, auf dem der Mensch qualitativen Output schaffen kann.»

Über das Schweizerische Verpackungsinstitut SVI
Das Schweizerische Verpackungsinstitut SVI, gegründet 1963 mit Sitz in Bern, ist die packstoffneutrale Dachorganisation der schweizerischen Verpackungswirtschaft. Das SVI repräsentiert den gesamten «life cycle» der Verpackung und fungiert als Partner zwischen Behörden, Medien, Konsumenten und Verpackungswirtschaft. Durch seine packstoffneutrale Ausrichtung fördert das SVI ganzheitliche Verpackungslösungen. Ziel ist es, die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Verpackungswirtschaft zu stärken und nach aussen zu präsentieren. Als Kommunikationsplattform unterstützt das SVI die Weiterentwicklung des Verpackungswesens sowie den Erfahrungsaustausch zwischen seinen Mitgliedern und fördert die berufliche Weiterbildung. Jährlich vergibt das SVI den Swiss Packaging Award, den Preis für die innovativsten Verpackungen in der Schweiz.


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