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30.09.2021
 
  
Deloitte: Studie „Maschinenbau 2030 zeigt vier Zukunftsszenarien
    
In zehn Jahren könnten kundenspezifische Neumaschinen und radikale Service-Geschäftsmodelle aus der DACH-Region den weltweiten Maschinenbau beherrschen. Aber es könnte auch sein, dass milliardenschwere Tech-Unternehmen aus der Software- und Internet-Industrie Schlüsselpositionen im Maschinenmarkt erobern und den Großteil der Wertschöpfung abgreifen – während gleichzeitig hochtransparente Einkaufs- und Service-Plattformen das Ersatzteilgeschäft an sich reißen. Die Deloitte-Studie „Maschinebau 2030“ zeigt anhand vier realistischer Szenarien, worauf die Branche sich vorbereiten muss – und welche Maßnahmen Unternehmen schon heute einleiten können, um für alle Szenarien richtig aufgestellt zu sein.

Konventionelle Planungstools erlauben Unternehmen mittels „best case – worst case“ Betrachtungen eine relativ exakte Einschätzung der Zukunft – allerdings nur für zwei bis drei Jahre im Voraus, in manchen Fällen auch bis zu maximal fünf Jahren. Mithilfe von Szenario-Analyse gelingt es, mehr als doppelt so weit in die Zukunft zu sehen. Statt eine wahrscheinliche Brandbreite von Ziel-Parametern zu liefern, wie dies Planungstools tun, erlauben Szenario-Analysen einen Blick in verschiedene alternative Zukünfte, die aus heutiger Expertensicht realistisch erscheinen. Szenarien sind deshalb nicht für die konkrete Unternehmensplanung gedacht, sondern sind vielmehr Spotlights, die besonders prägnante, aber dennoch realistische Entwicklungen beleuchten und deren Chancen und Risiken aufzeigen.

Die aktuelle Deloitte Studie „Maschinenbau 2030“ zeigt, dass selbst kritische künftige Entwicklungen nicht zum Untergang der Branche in der DACH-Region führen. Vielmehr wird das Engineering-Know-how aus Deutschland, Österreich und der Schweiz selbst dann weltweit weiterhin gefragt sein, falls Tech-Unternehmen das Geschäft dominieren sollten oder es den Wettbewerbern aus China gelingen sollte, die Technologieführerschaft in der Branche zu übernehmen. Andererseits erbringt die Analyse auch kein Szenario, in dem sich die Branche zufrieden zurücklehnen kann. So oder so: Die nächsten Jahrzehnte werden große Anstrengungen von den Maschinenbauern erfordern.

Ökosystem-Macht und Maschinen-Spezialisierung
Eine Grundannahme der Studie ist, dass künftige Maschinenangebote weiterhin dem Trend zu immer komplexeren Paketen aus Maschine + Service + Software folgen werden. Für Maschinenbauer heißt das, mehr und mehr in einem oder mehreren Ökosystemen zu arbeiten, wo spezialisierte Partner zum Beispiel für Datenauswertung, Software oder Online-Services verantwortlich sind. Innerhalb eines Ökosystems ist in der Regel derjenige Partner führend, der die entscheidenden Wertschöpfungsschritte beisteuert. Daher bildet „Macht im Ökosystem“ die erste der zwei Variablen bei der Szenario-Auswahl.

Eine zweite Grundannahme der Studie ist, dass die Digitalisierung tendenziell flexiblere und stärker modulare Maschinen ermöglicht, deren Kern eine hoch anpassungsfähige Software bildet. Diese „Standardmaschinen“ stehen in Konkurrenz zu auf den Kundenbedarf zugeschnittenen „Spezialmaschinen“ – wobei Letztere das Maschinenbau-Erfolgsrezept der letzten Jahrzehnte geprägt haben. Welches dieser beiden Prinzipien sich künftig in welchem Segment durchsetzt, ist noch offen und wird sich vermutlich erst über die nächsten Jahrzehnte entscheiden. Daher ist „Spezialisierung versus Standardisierung“ die zweite Szenario-Variable.


Vier realistische Szenarien: Maschinenbau 2030

A Fragile Paradise
Dieses Szenario beschreibt eine Situation, in der die Maschinenbauer der DACH-Region mit erprobten Rezepten erfolgreich sind: Hoch spezialisierte Maschinen bleiben weiter die beste Lösung für die Kunden, und die DACH-Maschinenbauer behalten zudem die Führungsrolle innerhalb ihrer Ökosysteme. Dadurch können sie über kontinuierliche Innovationen ihre heutige Position festigen und weiterentwickeln. Die entscheidenden Erfolgsfaktoren für Maschinenbauer sind in diesem Szenario dieselben wie heute: Kundennähe und Kundenkenntnis. Doch die Führung der DACH-Maschinenbauer wird auch 2030 weiterhin von vielen Seiten bedroht: Standardmaschinen sorgen auch künftig für starken Wettbewerb am Markt, etwa durch Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz und Robotik. Die Angriffe der Tech-Unternehmen werden solange fortbestehen, wie diese hoch bewertet werden und „in Geld schwimmen.“ Und nicht zuletzt bleiben auch die hungrigen und rapide aufschließenden asiatischem Wettbewerber, insbesondere aus China, eine ernstzunehmende Konkurrenz für den DACH-Maschinenbau.

Success at the Price of Transformation
In diesem Szenario können sich Standardmaschinen gegenüber Spezialmaschinen durchsetzen, aber Technik und große Teile der Software stammen nicht von den großen Tech-Unternehmen, sondern von den Maschinenbauern der DACH-Region. Man könnte auch sagen: Die Vision „Industrie 4.0 “ wird Wirklichkeit. Dadurch sind die Maschinenbauer der DACH-Region zu den unangefochtenen Marktführern der automatisierten Produktion geworden und dominieren die Wertschöpfung in ihren Ökosystemen. Der Wettbewerbsfaktor „Kundenkenntnis“ wird in diesem Szenario abgelöst vom Wettbewerbsfaktor „fehlerfreie Prozesse.“ Die neuen, standardisierten und modularen Maschinen ermöglichen den Kunden eine hoch effiziente und gleichzeitig flexible Produktion, unterstützt von breiten, nahtlosen Serviceangeboten. Dies verursacht zunächst einen Boom im DACH-Maschinenbau wie auch in ganz Europa. Doch die Technologie globalisiert schnell. So entsteht ein hoher Kostendruck, die Branche konsolidiert sich.

Paradise Lost
In dieser Welt setzen sich die großen Tech-Konzerne mit ihrer Vision für das industrielle Internet der Dinge durch. Sie betreiben führende B2B-Plattformen, die die Maschinen- und Kundendaten exklusiv besitzen. Mit diesem Wissen setzen sie Softwarestandards und optimieren automatisierte Fertigungs-prozesse. Sie setzen auf günstige Standardmaschinen, deren Wertschöpfung vor allem aus ihrer Software kommt. Der Maschinenbau in DACH wird zum Technik-Zulieferer dieses Systems, in direkter Konkurrenz zu asiatischen Wettbewerbern und häufig ohne eigenen Kundenkontakt. Letzteres macht auch Kooperations-Projekte mit Kunden deutlich schwieriger, die Innovationskraft des Maschinenbaus wird geschwächt. Die B2B-Plattformen stellen zudem das traditionelle Service- und Ersatzteilgeschäft in Frage und schwächen den Maschinenbau weiter.


Played by the Ecosystem
In dieser Welt steuert Maschinen-Software mehr Wertschöpfung bei, als die Maschine selbst. Obwohl es dem Maschinenbau in der in DACH-Region gelingt, weiterhin mit Spezialmaschinen erfolgreich zu sein, kommt die Software-plattform in der Regel von den großen Software-Anbietern. Zudem haben sich B2B-Plattform-Anbieter etabliert, die oft auch den Kundenzugang kontrollieren, die Maschinendaten besitzen und kundenspezifische Software schreiben. Das Resultat ist, dass die Maschinenbauer eine deutlich geringere Wertschöpfung erbringen als andere Ökosystempartner. Diese Underdog-Situation wird dadurch verschärft, dass sich fortgeschrittene Services auf breiter Front durchgesetzt haben – etwa „Equipment as a Service“, „Output as a Service“ oder gar „Factory as a Service“ (XaaS) – für die der Besitz der Maschinendaten unabdingbar ist.


Umgang mit der Unsicherheit
Die vier entworfenen Szenarien stellen Denkmodelle dar, die aus heutiger Sicht bis zum Jahr 2030 realistisch eintreten könnten – und die gleichgewichtig nebeneinander stehen. Die Studie zeigt zudem bei weitem nicht alle Szenarien auf, sondern betrachtet nur die oben vorgestellten Achsen „Ökosystem-Macht“ und „Maschinen-Spezialisierung.“ Viele andere Faktoren bleiben vernachlässigt, einschließlich unvorhersehbarer Krisen wie etwa der Corona-Pandemie. Wie also soll ein Maschinenbau-Unternehmen mit einem so hohen Maß an Unsicherheit umgehen, um auf die mittelfristige Zukunft besser vorbereitet zu sein? Die Deloitte-Experten haben in der Studie hierfür acht Maßnahmen definiert, die in beinahe jedem Fall sinnvoll sind und daher ohne Reue angegangen werden können:

Kernprozesse digitalisieren - Eine strategische Langfrist-Aufgabe, bei der die Kunden und ihre Aufgaben im Mittelpunkt stehen sollten.
Global denken – Kulturelle Offenheit und überregionale Online-Lösungen können vieles günstiger und besser machen, von der Entwicklung über den Service bis hin zur internen Zusammenarbeit.

Resilienz erhalten - Der DACH-Maschinenbau ist von traditionellem Unternehmertum geprägt. Trotz aller Unkenrufe ist das eine Stärke, die es zu erhalten gilt. Nachholbedarf besteht bei Themen wie Cyber-Sicherheit und der Bereitschaft, gemeinsame Ecosysteme zu schaffen.

Nachhaltigkeit einbauen - Nachhaltigkeit könnte der künftige USP des DACH-Maschinenbaus werden. Zudem: Wer sich bereits ernsthaft darauf eingelassen hat, berichtet in der Regel über signifikante Vorteile.

Ökosystem aufbauen - Ein Ökosystem ist unabdingbar, um künftig für den Kunden relevant zu bleiben. Dazu gehören insbesondere IT-, Technologie- und Risikomanagementpartner.

Kundenzugang aufrechterhalten - Ein eigener Kundenzugang und direkter Kundenkontakt sind die Basis für gute Kundenkenntnis und die Weiterentwicklung von Maschinen und Services.

Asienstrategie festlegen: Der Markt in Fernost wird reifer und anspruchsvoller. Lokales Marketing und lokale Partner, die den Markt verstehen, werden immer wichtiger.

Mitarbeiterbedarf kreativ decken: DACH-Maschinenbauer sind häufig unbekannt und in Gegenden ansässig, die für neue Mitarbeiter unattraktiv sind. Flexible Karrierepfade, Kooperation mit Schulen und anderen Unternehmen, sowie Online-Zusammenarbeit könnten hier interessant sein.


https://www2.deloitte.com/de/de/pages/energy-and-resources/articles/maschinenbau-2030.html https://www2.deloitte.com/de/de/pages/energy-and-resources/articles/maschinenbau-2030.html


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